Nutzung Kombinationstherapie

Trotz vieler Vorteile wird Kombinationstherapie eher selten angeboten und genutzt

Mittels Kombinationstherapie könnten aufgrund des geringeren Bedarfs an Einzelsitzungen schneller mehr Hilfesuchende einen Psychotherapieplatz erhalten.

Trotz der vielen Vorteile für zahlreiche Patient:innen und wissenschaftlich belegter Wirkung wird Gruppenpsychotherapie im stationären Bereich zwar häufig, im ambulanten Bereich jedoch bisher eher selten eingesetzt.

Für einige Störungsbilder ist die Gruppenpsychotherapie dem Einzelsetting sogar überlegen. "Die Gruppe dient dem Patienten als Spiegel, was in der Einzeltherapie nur schwer zu erlangen ist." (Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV)).

Angaben von der Jahrestagung des DPtV im Jahr 2020 zufolge gab es rund 8.500 Psychotherapeut:innen in der kassenärztlichen Versorgung, die über eine Gruppentherapie-Berechtigung verfügten, aber nur 300 hätten auch Gruppentherapien angeboten. Dementsprechend wären auch nur ein bis drei Prozent aller Psychotherapien als Gruppentherapie abgerechnet worden.

Bedenken gegenüber der Kombinationstherapie

Die im Folgenden zitierten Aussagen geben einen ersten Überblick über die Gründe aus der Sicht von Klient:innen und Psychotherapeut:innen dafür, dass Nutzung und Angebot von Kombinationsbehandlungen bisher hinter ihrem Potenzial zurückbleiben.

Welche Einwände haben Klient:innen gegenüber der Kombinationstherapie?

  • Wie können mir andere psychisch belastete oder gar kranke Menschen schon weiterhelfen?
  • Bin ich mit meinen Problemen nicht eine Last für die anderen Gruppenteilnehmer?
  • Ich fürchte in der Gruppe wieder nur der Außenseiter zu sein. Das hatte ich schon zur Genüge.
  • Zum Reden habe ich meine Freunde.
  • Im Einzelsetting komme ich bestimmt schneller vorwärts.

Welche Vorbehalte haben Psychotherapeut:innen gegenüber der Kombinationsbehandlung ?

  • In der Gruppe gibt es mehr Ausfälle als in der Einzeltherapie.
  • Es ist schwieriger einen für alle Gruppenteilnehmer passenden Termin zu finden.
  • Insgesamt ist der Aufwand dieses Therapie-Settings wegen einer deutlich intensiveren Vorbereitung und Nachbereitung viel größer.
  • Nachträgliche Genehmigung und Ausbildung im laufenden Praxisbetrieb ist schwierig und kostenintensiv.

Was in der Gruppen- und Kombinationstherapie bereits möglich ist

Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung

Um mehr psychotherapeutische Behandlungen ermöglichen zu können, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bereits im Oktober 2021 die gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung möglich gemacht. Die Psychotherapie-Richtlinie des G-BA bildet die Grundlage, um psychotherapeutische Leistungen in der ambulanten Versorgung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung anzubieten.

Probatorische Sitzungen im Gruppen-Setting möglich

Die probatorischen Sitzungen sind seit Änderung der Psychotherapie-Richtlinie auch im Gruppen-Setting möglich. Psychotherapeut:innen informieren in bis zu vier Sitzungen à 100 Minuten oder in bis zu acht Sitzungen à 50 Minuten über psychische Störungen sowie über Arbeitsweise und Wirkmechanismen, Chancen und Nutzen einer Gruppentherapie. Diese Sitzungen dienen auch der ersten Symptomlinderung.

Zwei Therapeut:innen können auch zusammen arbeiten

Um den Therapieprozess besser moderieren zu können, ist es inzwischen auch möglich, dass zwei Psychotherapeut:innen gemeinsam eine Gruppentherapie anbieten. Sogar eine praxisübergreifende Kooperation ist möglich.

Es ist auch möglich, zusammen mit einem anderen Therapeuten bei einem Patienten eine Kombinationsbehandlung durchführen, wobei ein Therapeut die Einzeltherapie und der andere Therapeut die gruppentherapeutische Behandlung übernimmt.

Bei einer Kombinationsbehandlung aus Einzel- und Gruppentherapie können allerdings ausschließlich die beiden psychodynamischen Richtlinienverfahren, als die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die Analytische Psychotherapie, miteinander kombiniert werden. Andere Richtlinienverfahren, zum Beispiel Analytische Psychotherapie und Systematische Therapie, sind nicht miteinander kombinierbar. 

Überführung von Therapieeinheiten vom einen in das jeweils andere Setting

Im Rahmen einer Kombinationsbehandlung können Therapieeinheiten in das jeweils andere Setting überführt werden, sofern sich das überwiegende Setting nicht ändert. Dabei gilt eine Therapieeinheit in der Einzeltherapie als 50-minütige, in der Gruppentherapie als 100-minütige Behandlung.

Ändert sich das Setting, muss bei einer Kurzzeittherapie die Krankenkasse formlos über die Änderung informiert werden. Bei einer Langzeittherapie muss ein Änderungsantrag mit Bericht an einen Gutachter gestellt werden.

Sind zwei Therapeut:innen an der Kombinationsbehandlung beteiligt, dann können Therapieeinheiten nur dann in das jeweils andere Setting übertragen werden, wenn beide Therapeuten der Krankenkasse gemeinsam die geplante Änderung formlos anzeigen.

Zusatzausbildung zur Gruppentherapie

Obwohl die Vorteile einer Kombinationstherapie auf der Hand liegen, wird sie noch zu wenig angeboten. Dabei sind inzwischen auch die Ausbildungsinstitute dazu verpflichtet, Gruppentherapie zu vermitteln. Eine genaue Auswertung darüber, wie häufig die Kombinationstherapie seit Inkrafttreten der Regelung in der ambulanten Versorgung abgerechnet wurde, gibt es bisher noch nicht. Der G-BA bereitet dazu aktuell eine Evaluation vor.

Wer eine staatlich anerkannte Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten abgeschlossen hat, darf trotzdem nicht automatisch Gruppentherapien anbieten. Dafür bedarf es einer Zusatzausbildung in Gruppentherapie.
Die ist laut der Psychotherapie-Richtlinie mit

  • 48 Stunden Theorie in Gruppentherapie,
  • 120 Stunden Therapie mit Gruppen mit mindestens
    • 40 Stunden Supervision bei einem anerkannten Gruppentherapie-Supervisor und
    • 80 Stunden Selbsterfahrung in der Gruppe

allerdings nicht so aufwendig wie die Grundausbildung in psychoanalytischer Therapie, tiefenpsychologisch-fundierter Therapie, Verhaltenstherapie oder Systemischer Therapie.
Nach Abschluss dieser Zusatzausbildung an einem staatlich anerkannten Ausbildungsinstitut können Psychologische Psychotherapeut:innen, die bereits über einen Kassensitz verfügen, auch Gruppentherapie-Stunden anbieten und mit den Krankenkassen abrechnen.

Wer eine psychoanalytische oder tiefenpsychologisch-fundierte Therapieausbildung hat, darf nur eine Weiterbildung in tiefenpsychologisch-analytischer Gruppentherapie, wer eine verhaltenstherapeutische Therapieausbildung hat, darf nur eine Weiterbildung in verhaltenstherapeutischer Gruppentherapie und wer über eine systemische Therapieausbildung, nur eine in systemischer Gruppentherapie absolvieren.

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